Medizinhistorischer Stadtrundgang

In regelmäßigen Abständen bieten wir einen kostenlosen medizinhistorischen Stadtrundgang durch das Klinikviertel der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Münchens an. Im Fokus steht dabei insbesondere die Rolle der Münchner Medizin zur Zeit des Nationalsozialismus während der Jahre 1933 bis 1945. Essential ist jedoch auch eine Betrachtung der medizinischen und wissenschaftlichen Entwicklungen zur Jahrhundertwende, wie beispielsweise die Etablierung der sogenannten Rassenmedizin, sowie die personellen Kontinuitäten in Führungspositionen der Münchner Kliniken und Institute nach der Niederlage Deutschlands im Jahr 1945.

Anstehende Termine:

 

  • 10.02.2024
  • 10.03.2024

Kostenfreie Anmeldung unter: info@kritischemedizinmuenchen.de

Vergangene Termine:

  • 30.07.2021
  • 29.10.2021
  • 05.06.2022
  • 24.06.2022
  • 18.11.2022
  • 18.12.2022
  • 15.05.2023
  • 17.06.2023
  • 03.08.2023
  • 07.11.2023
Zu sehen ist eine Fotocollage sechs wichtiger Orte in der Münchner Medizingeschichte

Unsere Route

Der Rundgang beginnt vor der Bischofskirche am Sendlinger-Tor-Platz. Von dort gehen wir gemeinsam die Pettenkoferstraße entlang und besichtigen dabei das Pettenkofersintitut und die Anatomische Anstalt. Wir biegen in die Goethe Straße ein, gehen an der medizinischen Fachbuchhandlung Lehmann’s vorbei und bleiben vor der Psychiatrischen Anstalt stehen in der Nussbaumstraße stehen. Diese gehen wir dann weiter entlang, machen eine kurze Pause vor der Chirurgischen Klinik, um dann über die Lindwurmstraße in die Maistraße zu gelangen. Dort stellen wir die Geschichte der alten Frauenklinik vor, gehen die Maistraße entlang, um dann schlussendlich auf dem Goetheplatz Sicht auf das Haunersche Kinderspital in der Lindwurmstraße zu haben. Hier endet der Rundgang, eine freiwillige Besichtigung der Gedenkstätte des ehemaligen israelitischen Kranken- und Schwesternheims in der Hermann-Schmid-Straße ist im Anschluss möglich. 

Übersichtskarte des Klinikviertels und Route vom Sendlinger Tor zum Goetheplatz über die wichtigsten Münchner Institute und Kliniken

Eine kurze geschichtliche Einordnung

„Es gibt wohl keinen Beruf, der für Größe und Zukunft der Nation so bedeutungsvoll ist wie der ärztliche. (…) Aber keiner ist auch so verjudet wie er und so hoffnungslos in volksfremdes Denken hineingezogen worden.“

 

So lautet bereits im März 1933 der Aufruf des Deutschen Ärztebundes im Völkischen Beobachter. Einzelne Taten und Täter der Nazimediziner – Josef Mengele und co. – bleiben zwar durch Hollywood und Videospiele in kollektiver Erinnerung, aber wie systematisch das nationalsozialistische Regime von Medizinern profitierte und umgekehrt, wird wenig thematisiert. So fehlen beispielsweise auf den allermeisten Internetseiten der Münchner Kliniken und universitätsmedizinischen Institute jegliche Erwähnung der Jahre zwischen 1933 und 1945. Doch allesamt haben eine belastete und dunkle Vergangenheit: 

 

Die deutsche Ärzteschaft war, weit mehr als andere akademische Berufe, NS-verbunden. Bereits 1936 gehörten 30 Prozent der NSDAP an. Zahlreiche Beschäftigte des Gesundheitssystems, welche sich eigentlich der Versorgung und Hilfe anderer Menschen verpflichtet hatten, ermöglichten die systematische Verfolgung, Verdrängung und Vernachlässigung der Opfer des NS-Staats. Spezifisch die Beteiligung der Münchner Medizin und Forschung an der pseudowissenschaftlichen Prägung des Rasse-Begriffs, die Erforschung und Durchführung der Euthanasie sowie von abscheulichen Menschenversuchen stellt bis heute eines der dunkelsten Kapitel der Medizingeschichte dar.

 

Für die Arbeitsgruppe Medizingeschichte der Kritischen Medizin München bedeutet Erinnern Gedenken, und getreu diesem Motto laden wir zu einem medizinhistorischen Stadtrundgang durch das Münchener Klinikviertel ein. Dabei liegt unser Fokus auf der Rolle der Medizin im Nationalsozialismus. Wir wollen insbesondere den Opfern eine Stimme geben und dabei einen kritischen Blick auf die Kontinuitäten von Rassismus und Stigmatisierung im heutigen Gesundheitswesen werfen.

Wo erfahre ich mehr?

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  • Matthias Meusch: Medizin im Nationalsozialismus. 2005
  • Benoit Massin, Anthropologie und Humangenetik im Nationalsozialismus, in: Wissenschaftlicher Rassismus, Heidrun Kaupen-Haas, Christian Saller, Campus Verlag März 1999, ISBN 3-593-36228-7
  • Thomas Beddies, Susanne Doetz, Christoph Kopke (Hrsg.): Jüdische, Ärztinnen und Ärzte im Nationalsozialismus; Entrechtung, Vertreibung, Ermordung. (= Europäisch-jüdische Studien. Beiträge. Band 12). de Gruyter Oldenbourg, ISBN 978-3-11-030605-7
  • Gerhard Baader: Menschenversuche in Konzentrationslagern in Medizin im Dritten Reich. 2. Auflage. Deutscher Ärzte-Verlag, 1992, ISBN 3-7691-0262-2.
  • Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. S. Fischer, Frankfurt 1997.
  • Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4.
  • Alexander Mitscherlich, Fred Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. Fischer, Frankfurt am Main 1978. (1. Auflage Heidelberg 1949 unter dem Titel Wissenschaft ohne Menschlichkeit).
  • Robert Jütte, Wolfgang U. Eckart, Hans-Walter Schmuhl, Winfried Süß (Hrsg.): Medizin und Nationalsozialismus. Bilanz und Perspektiven der Forschung. Wallstein, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0659-2

Kritische Medizin München © 2024

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